Zeitraum:
Zerfall Jugoslawiens
Region:
Bosnia
Sarajevo 1992 - Das Attentat auf einen serbischen Hochzeitsgast in Baščaršija
Das Verbrechen in Baščaršija ereignete sich am 1. März 1992 während einer Hochzeitsfeier vor der Alten Orthodoxen Kirche im Stadtteil Baščaršija in Sarajevo. Ramiz Delalić, genannt Ćelo – ein vor dem Krieg straffällig gewordener Krimineller und Mitglied der muslimischen paramilitärischen Einheit „Grüne Baretts“ – erschoss dabei den Vater des Bräutigams, den Serben Nikola Gardović, mit einer Pistole und verletzte den Priester der Serbisch-Orthodoxen Kirche, Radenko Miković.
Die muslimischen Behörden in Bosnien und Herzegowina verweigerten eine strafrechtliche Verfolgung von Ramiz Delalić und seinen Helfern, da sie die Tat als patriotischen Akt ansahen. In der Folge kam es in Sarajevo zum Zerfall der bis dahin noch gemischt zusammengesetzten Polizei.

Delalić wurde trotz seiner kriminellen Vergangenheit zu einer Art nationalem Idol stilisiert. In nahezu allen US-amerikanischen Medien wurde das Ereignis verzerrt dargestellt, nämlich so, als hätten angeblich serbische Teilnehmer auf muslimische Hochzeitsgäste geschossen. Die propagandistische Berichterstattung trug maßgeblich zur Irreführung der internationalen Öffentlichkeit bei.
Das Attentat in Baščaršija gilt als eines der auslösenden Ereignisse, das zum Ausbruch des bewaffneten Konflikts in Bosnien und Herzegowina Anfang der 1990er Jahre beitrug.
In der neueren serbischen Musik ist dieses Verbrechen unter dem Titel „Blutige Hochzeit“ thematisiert worden.
KRIEG UND VERBRECHEN AN DEN SERBEN IN BOSNIEN 1992–1995
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VERBRECHEN
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Ozren * Pofalici * Foča-Dörfer * Ledici
Exodus aus Sarajevo * Mostar * Bravnice
Cardak * Massaker im Dobrovoljacka * Breza
Petrovacka Straße * Jabuka * Kukavice
Deliberate Force * Bascarsija-platz * Tuzla
Josanica * Serdari * Banjaluka Babys * Cincar
Bjelovac * Bosnian Brod * Skelani * Smoluca
Kravica * Kazani * Kamenica * Bradina
Gorazde * Brezani * Cemerno * Cagalj
Kupres * Cajnice * Velki Park * Ivanica
Budicin potok
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VERBRECHER
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Sakib Mahmuljin * Naser Oric * Haris Silajdzic
Mate Boban * Ejup Ganic * HVO * Scheve
Musan Topalovic * Ramiz Delalic * Rasim Delic
Alija Izetbegovic * Dragan Vikic * Jovan Divjak
Mudschaheddin * Azra Alesevic-Basic
Ggrüne Baskenmützen * Patriotische Liga
Jadranko Prlic * Sefer Halilovic * Zulfo Alic
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GEFANGENLAGER
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Tarcin * Dretelj * Odzak * Orasje * Strolit
Stela * Celebici * Hrasnica * Brcko
Borsalino * Zoil * Bristol * Bihac * Mostar
Lukavac * Zenica * Jajce * Breza * Bugojno
Viktor Bubanj * Derventa * Zavidovici
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OPFER
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Ljubomir Mladjenovic * Dragan Vasic * Ristovic
Sladjana Kobas * Strahinja Zivak * Golubovic
Slobo Stojanovic * Olga Drasko * Vidovo-Dörf
Knezevic * Vergewaltigungen * Mira Dragicevic
Natasa und Milica * Rade Rogic
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DIE VORGESCHICHTE
Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (SFRJ) war ein föderativer Staat, bestehend aus sechs gleichberechtigten sozialistischen Republiken: der Sozialistischen Republik Slowenien, der Sozialistischen Republik Kroatien, der Sozialistischen Republik Bosnien und Herzegowina, der Sozialistischen Republik Montenegro, der Sozialistischen Republik Serbien und der Sozialistischen Republik Mazedonien. Innerhalb der Sozialistischen Republik Serbien bestanden zudem zwei autonome Provinzen: die Autonome Provinz Vojvodina und die Sozialistische Autonome Provinz Kosovo.
Sowohl die föderative Staatsordnung der SFRJ als auch die Jugoslawische Volksarmee (JNA) waren ideologisch auf den Prinzipien der „Brüderlichkeit und Einheit“ aller Nationen und Nationalitäten gegründet, die das jugoslawische Territorium vom Vardar im Süden bis zum Triglav im Norden sowie vom Eisernen Tor bis zur Adriaküste bewohnten.

Die jugoslawische Föderation von 1974 bis 1992
Das sozioökonomische System der SFRJ war sozialistisch geprägt und beruhte auf der Diktatur des Proletariats sowie auf dem Modell der Arbeiter-Selbstverwaltung. Politisch handelte es sich um ein Einparteiensystem, in dem ausschließlich der Bund der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) die staatliche Macht ausübte.
Die jugoslawische Verfassung von 1974 leitete einen tiefgreifenden Dezentralisierungsprozess ein, durch den den föderalen Einheiten eine signifikante Erweiterung ihrer Autonomierechte gewährt wurde. Diese Dezentralisierung bildete die verfassungsrechtliche Grundlage für das Erstarken separatistischer Tendenzen, zunächst in Slowenien und Kroatien und später auch in Bosnien und Herzegowina, die letztlich zur Desintegration des jugoslawischen Bundesstaates führten. Die daraus resultierenden bewaffneten Konflikte waren begleitet von schwerwiegenden ethnischen Spannungen, Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen.
Gemäß allen Verfassungen der SFRJ galt die Jugoslawische Volksarmee als die einzige legitime bewaffnete Kraft auf dem Gebiet des westlichen Balkans und war somit auch der einzige international anerkannte militärische Akteur dieser Region.

Die JNA als institutioneller Nachfolger der Partisanenbewegung
Die Gründung und ideologische Orientierung der JNA basierten auf der historischen Kontinuität mit der von Josip Broz Tito geführten kommunistischen Partisanenbewegung im Zweiten Weltkrieg, die als tragende Säule der antifaschistischen Befreiung galt.
Im August 1989 verabschiedete die Bundesversammlung der SFRJ eine Reihe von Verfassungsänderungen, mit denen der bis dahin geltende Einparteienstaat durch ein Mehrparteiensystem ersetzt wurde. Dies ermöglichte neben dem bis dahin dominierenden Bund der Kommunisten die Gründung und politische Betätigung weiterer Parteien, was den Beginn eines pluralistischen politischen Systems markierte.
Der entscheidende Bruch innerhalb des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens erfolgte am 23. Januar 1990 während des XIV. Parteikongresses im Sava-Zentrum in Belgrad. Dort kam es zu fundamentalen ideologischen Differenzen, insbesondere zwischen den Delegationen aus Slowenien und Serbien, in Bezug auf die zukünftige Staatsordnung. Die slowenische Delegation verließ in offener Ablehnung den Kongress, kurz darauf folgte die kroatische Delegation, was die Arbeitsfähigkeit des Gremiums nachhaltig beeinträchtigte. In der Folge zogen sich auch die Delegationen aus Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien zurück. Damit war die langjährige Herrschaft der Kommunisten nach 45 Jahren de facto beendet.

Die jugoslawische Sechserkonstellation als geopolitisches Rätsel
In dieser Zeit vollzog sich parallel die deutsche Wiedervereinigung, während der sogenannte Eiserne Vorhang in den Staaten des Warschauer Pakts bereits gefallen war und in vielen von ihnen Prozesse politischer Transformation – oftmals als „Farbrevolutionen“ bezeichnet – ihren Lauf nahmen.
Die innere Struktur des jugoslawischen Staates war zu diesem Zeitpunkt bereits erheblich durch separatistische Strömungen unterminiert, deren Wirken zunehmend von externen Akteuren unterstützt wurde. Zu den maßgeblichen externen Einflussfaktoren zählten unter anderem der Vatikan, die Europäische Gemeinschaft (später Europäische Union) sowie die Vereinigten Staaten von Amerika. In späteren Phasen gesellten sich auch Staaten aus dem islamischen Kulturkreis Nordafrikas sowie des Nahen und Mittleren Ostens hinzu. Ein zentrales strategisches Ziel dieser Einmischung bestand offenbar in der gezielten Etablierung radikalislamischer Strukturen innerhalb Europas sowie der Förderung islamischer Expansion auf dem Kontinent.
Die Lage in Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina war die zentrale Republik der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ), in der Serben, Muslime (Bosniaken) und Kroaten gemeinsam mit verschiedenen nationalen Minderheiten lebten.

Am 18. November 1990 fanden die ersten Mehrparteienwahlen seit dem Zweiten Weltkrieg statt. Die Regierung wurde von einer antikommunistischen Koalition gebildet, bestehend aus der Partei der Demokratischen Aktion (SDA), der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) und der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ). Der Kandidat mit der höchsten Stimmenanzahl war Fikret Abdić (47,4 %), ein erfolgreicher Unternehmer aus Velika Kladuša. Allerdings wurde er von muslimischen Extremisten aus dem politischen Leben verdrängt, da er Krieg und Konflikte mit den Serben ablehnte. De facto diente er lediglich als Wahlköder für die muslimische Wählerschaft.
Stattdessen wurde Alija Izetbegović, ein ehemaliger politischer Gefangener und Autor der umstrittenen nationalistisch-islamischen „Islamischen Deklaration“, Präsident des kollektiven Präsidiums von Bosnien und Herzegowina. Momčilo Krajišnik von der SDS wurde Präsident der Volksversammlung, während der Kroate Jure Pelivan das Amt des Premierministers übernahm. Diese fragile Koalition bestand 15 Monate und zerbrach im Zuge der eskalierenden militärischen Entwicklungen im April 1992.
Bereits Mitte 1991 hatten führende Mitglieder der SDA, darunter Alija Izetbegović, Ejup Ganić und Haris Silajdžić, beschlossen, Bosnien und Herzegowina aus dem jugoslawischen Staatenbund herauszulösen und in die Unabhängigkeit zu führen. In diesem Bestreben fanden sich ideologische Parallelen zur HDZ – beide Parteien verfolgten das Ziel, ethnisch und religiös homogene Staaten zu schaffen: die kroatische Seite strebte eine Angliederung an die Republik Kroatien an, während radikale islamische Kreise innerhalb der SDA die Gründung einer islamischen Republik anvisierten.

Karadzic, Izetbegovic und Kljuic – politische Frontlinien
Die Idee einer unabhängigen bosnischen Republik wurde auch durch die Medien aktiv propagiert. Bereits im Oktober 1991 erschienen in Zeitungen aus Sarajevo offene Drohungen gegen die serbische Bevölkerung. Unter anderem wurde die Wiedererrichtung der sogenannten „Handzar-Division“ angekündigt – einer SS-Division, die während des Zweiten Weltkriegs zwischen 1941 und 1945 in der Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) verheerende Verbrechen an der serbischen Zivilbevölkerung begangen hatte. Diese Einheit bestand überwiegend aus bosnischen Muslimen. Die von den Ustascha verübten Massaker in Bosnien und Herzegowina erreichten ihren grausamen Höhepunkt in Orten wie Prebilovci, Drakulić, Bileća, Gacko, Donja Gradina, Kupres, Draksenić, Garavice, Stari Brod, Šušnjar, Kravica u. a.
Im August 1991 begann die systematische Bewaffnung der muslimischen und kroatischen Bevölkerung über die Parteien SDA und HDZ mit dem Ziel, gegen die Jugoslawische Volksarmee (JNA) vorzugehen. Bereits im darauffolgenden Monat wurden örtliche Komitees paramilitärischer Gruppen wie der „Grünen Barette“ und der „Patriotischen Liga“ gegründet. In Mostar befand sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1991 eine große Anzahl an JNA-Soldaten, die aus Kroatien – insbesondere aus Dalmatien und der Region Dubrovnik – vertrieben oder abgezogen worden waren. Später wurden sie nach Užice in die Sozialistische Republik Serbien verlegt.

Am 18. November 1991 rief die HDZ-Führung in Grude die „Kroatische Republik Herceg-Bosna“ aus, einen de-facto-Para-Staat auf dem Territorium Bosnien und Herzegowinas. Diese Gebilde existierte während des Krieges mit dem erklärten Ziel, ganz Bosnien und Herzegowina in die Republik Kroatien zu integrieren und somit die NDH-Strukturen zu reanimieren. Dabei erhielten sie kontinuierliche politische und militärische Unterstützung aus dem offiziellen Zagreb und vom Regime unter Präsident Franjo Tuđman.
Am 9. Januar 1992 erklärten die serbischen Abgeordneten in Sarajevo die „Republik der Serbischen Nation in Bosnien und Herzegowina“ als direkte Antwort auf die zunehmenden Drohungen von Seiten muslimischer und kroatischer Vertreter. Die serbische Bevölkerung strebte in diesem Kontext danach, Teil Jugoslawiens zu bleiben.
Sieben Wochen später wurde ein Referendum über die Unabhängigkeit Bosnien und Herzegowinas von der SFRJ abgehalten. 62,4% der Wähler stimmten für die Unabhängigkeit – ein Ergebnis, das rechtlich als unzureichend für einen verfassungskonformen Beschluss betrachtet werden kann. Dennoch erkannten die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie die Vereinigten Staaten das Referendumsergebnis an.
Am 23. Februar 1992 unterzeichneten Vertreter der drei konstitutiven Völker – Muslime, Serben und Kroaten – in Lissabon den sogenannten Cutilheiro-Plan zur friedlichen Lösung der Krise. Doch nur zehn Tage später zog Alija Izetbegović seine Unterschrift unter dem Einfluss des amerikanischen Botschafters in Jugoslawien, Warren Zimmermann, wieder zurück.

Jose Cutillero aus Portugal
Am 1. März 1992 verübten Mitglieder der paramilitärischen Gruppe „Grüne Barette“ unter Führung des kriminell vorbelasteten Ramiz Delalić Ćelo in der Altstadt von Sarajevo (Baščaršija) einen Anschlag auf eine serbische Hochzeitsgesellschaft. Dabei wurde der Vater des Bräutigams, Nikola Gardović, erschossen und der Priester Radenko Miković schwer verletzt. Dieses Attentat markierte den blutigen Auftakt des Bosnienkrieges und führte zur Auflösung der noch bestehenden multiethnischen Polizei. In westlichen Medien wurde dieser Vorfall verfälscht dargestellt – es wurde behauptet, serbische Milizen hätten auf muslimische Hochzeitsgäste geschossen.
In der Folge kam es zu zahlreichen Angriffen auf serbische Dörfer und Gemeinden in Bosnien und Herzegowina sowie auf Einheiten der JNA – unter anderem in Sijekovac, Kupres, Sarajevo und Tuzla. Die internationale Gemeinschaft verhielt sich dabei größtenteils als passiver Beobachter.
Die Lage in Sarajevo
Sarajevo liegt im geografischen Zentrum von Bosnien und Herzegowina und erstreckt sich über eine Fläche von 142 km². Die Stadt befindet sich in der sogenannten Sarajevo-Kompositionstalung, welche sich in ost-westlicher Richtung über das fruchtbare Sarajevo-Becken erstreckt.
Während die zentralen Stadtbereiche größtenteils im Tiefland des Sarajevo-Beckens liegen, befinden sich die ältesten Stadtteile (Vratznik, Bistrik, Hrid, Kovači, Alifakovac) an den Hängen der umliegenden Hügel. Die durchschnittliche Höhenlage des Sarajevo-Beckens beträgt etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel. Die Stadt ist von hohen Gebirgszügen umgeben – darunter Bjelašnica, Jahorina, Igman, Treskavica und Trebević –, deren Gipfel bis zu 2 000 Meter erreichen und während eines Großteils des Jahres niedrige Temperaturen und Schneedecken aufweisen.
Die Spuren menschlicher Besiedlung in Sarajevo reichen bis in die prähistorische Zeit zurück. Im weiteren Verlauf ließen sich Illyrer, Kelten und Römer in dieser Region nieder. Die Südslawen erreichten den Balkan im 6. Jahrhundert. In der Ära der Nemanjiden gehörte Bosnien zum mittelalterlichen serbischen Staat, und seine Herrscher sowie Adligen errichteten zahlreiche orthodoxe Heiligtümer. Der bosnische König Tvrtko I. Kotromanić erhob Bosnien 1377 zur Königsherrschaft und wurde im orthodoxen Kloster Mileševa gekrönt.
Mit dem Einmarsch der Osmanen auf die Balkanhalbinsel zerfielen die christlichen Königreiche, während die Osmanen die islamische Religion einführten und Moscheen errichteten. In ihren kriegerischen Feldzügen gelangten sie bis vor die Tore Wiens und wurden erst 1683 in der Schlacht am Kahlenberg besiegt.
Nach diesem Rückschlag setzten die Osmanen einen fast zweihundertjährigen Rückzug nach Asien fort. Während ihrer über 400-jährigen Herrschaft in Bosnien führten sie zahlreiche Unterdrückungsmaßnahmen ein – darunter die „Blutsteuer“, das „Erstbrautnachtrecht“, Zwangsislamisierung und die Zahlung der Matrikelsteuer („Trećina ljétine“). In dieser Periode erhoben sich Serben mehrfach – etwa im Aufstand von Nevesinje – gegen die osmanische Fremdherrschaft.

Die Großmächte genehmigten am Berliner Kongress 1878 die Besetzung von Bosnien und Herzegowina durch Österreich-Ungarn, und drei Jahrzehnte später erfolgte die formelle Annexion, was zu einer ernsthaften Krise mit dem Königreich Serbien führte. Die Regierung in Wien intensivierte während dieser Zeit ihre Unterdrückungspolitik gegenüber der serbischen Orthodoxie, woraufhin Unmut wuchs und sich die revolutionäre Bewegung „Mlada Bosna“ (Junges Bosnien) formierte. Diese verübte am 28. Juni 1914 in Sarajevo ein Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand – ein Ereignis, das als Auslöser für den Ersten Weltkrieg galt.
Mit der Befreiung durch das Königreich Serbien und umliegende serbische Gebiete Ende 1918 entstand der erste südslawische Staat: das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. Sarajevo wurde Teil der Drina-Banovina innerhalb dieses neuen Staatsgebildes.
Serben stellten jahrhundertelang die Mehrheit der Bevölkerung in Sarajevo. Vor dem Zweiten Weltkrieg, bei etwa 100 000 Einwohnern, bildeten sie mehr als 60 % der städtischen Bevölkerung.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Sarajevo Teil des klerikal-faschistischen Unabhängigen Staates Kroatien (NDH), in dem kroatische und muslimische Ustascha-Milizen einen systematischen Völkermord an Serben, Juden und Roma verübten. Die Stadt wurde buchstäblich entvölkert. Zahlreiche Einwohner Sarajevos wurden in das Konzentrationslager Jasenovac deportiert, wo sie unter grausamsten Bedingungen ums Leben kamen. Nur wenige überlebten dieses Inferno.

Die Einheiten der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee (POJ) rückten erst am 6. April 1945 nach wochenlangen schweren Kämpfen in Sarajevo ein und befreiten die Stadt von den faschistischen und nationalsozialistischen Besatzungskräften. Die neuen kommunistischen Behörden unter Josip Broz Tito verboten nach dem Krieg die Thematisierung des serbischen Leidenswegs und verfolgten prominente Serben. Verbrechen, die von muslimischen oder kroatischen Tätern begangen wurden, wurden nicht selten den Deutschen zugeschrieben – alles im Zeichen des Ideals der „Brüderlichkeit und Einheit“.
Im sozialistischen Jugoslawien erlebte Sarajevo eine Phase intensiver Expansion und Entwicklung. Die Stadt wurde zu einem Treffpunkt der Jugend und verzeichnete durch Zuzug aus ländlichen Regionen Bosnien-Herzegowinas ein starkes Bevölkerungswachstum. In den 1970er Jahren galt Sarajevo als die „Stadt der Zukunft Europas“, und 1984 war sie Gastgeberin der Olympischen Winterspiele.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre kam es zu einer gezielten Ansiedlung einer großen Zahl von Muslimen aus dem Sandschak (Raška-Region), sogenannten „Sandžaklije“, was das ethnische Gleichgewicht erheblich veränderte. Infolgedessen verloren die Serben ihre relative Mehrheit in Sarajevo.
VERBRECHEN
Die kirchliche Trauung von Milan Gardović und Dijana Tambur fand am 1. März 1992 um 14:30 Uhr in der Verklärungskirche im Stadtteil Pofalići, Gemeinde Novo Sarajevo, statt. Das Sakrament der Ehe wurde vom sarajevischen Erzpriester Voja Čarkić vollzogen.
Nach der Trauung begab sich die Hochzeitsgesellschaft zum Haus der Heiligen Thekla im Hof der Alten orthodoxen Kirche auf der Baščaršija, wo ein festliches Hochzeitsmahl geplant war.
Da der Autoverkehr im Stadtzentrum Sarajevos nur in eine Richtung und parallel zur Straßenbahnlinie verläuft, führte die Strecke vom Trauungsort in Pofalići zur Alten Kirche über die Straßen Vojvode Putnika und die Uferstraße Vojvode Stepe bis zum Rathaus, wo sich der nächstgelegene Parkplatz – etwa hundert Meter von der Alten Kirche entfernt – befand.
Die Hochzeitsgesellschaft umfasste rund einhundert Gäste in mehreren privaten Fahrzeugen. Nach dem Parken gingen die Gäste zu Fuß weiter in Richtung der Alten Kirche.

Nikola Gardović, das erste Opfer des Bosnienkrieges, 1992.
Beim Betreten des Kirchhofs der Alten Kirche hielt ein weißer Pkw der Marke „Golf“ in unmittelbarer Nähe der Hochzeitsgesellschaft. In dem Wagen befanden sich vier bekannte Kriminelle, unter ihnen Ramiz Delalić, genannt „Ćelo“. Sie griffen den Fahnenträger an und versuchten, ihm die serbisch-orthodoxe Fahne zu entreißen – eine rot-blau-weiße Trikolore mit einem goldenen Kreuz.
Ramiz Delalić versuchte, dem älteren Hochzeitsgast das religiöse Fahnenzeichen zu entreißen, worauf es zu einer Tumultsituation innerhalb der Hochzeitsgesellschaft kam. Nikola Gardović, der Vater des Bräutigams, stellte sich schützend vor die Angreifer und sagte:
– „Was tut ihr da? Verderbt mir nicht das Fest... schämt euch!“
Unmittelbar danach eröffnete Ramiz Delalić das Feuer mit einer Pistole und traf Nikola Gardović tödlich. Ein Komplize verwundete zudem den Priester der Serbisch-Orthodoxen Kirche, Radenko Mirović, den Schwager des Bräutigams. Die Täter flohen unmittelbar danach mit der erbeuteten Fahne, die sie später verbrannten.
Nikola Gardović erlag seinen Verletzungen wenige Minuten später in einem Rettungswagen.
NAMEN DER VERBRECHER
Neben dem Haupttäter des Mordes, Ramiz Delalić, genannt „Ćelo“, wurden von Zeugen auch weitere Angreifer und Komplizen des Anschlags und der Ermordung identifiziert:
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Suad Šabanović aus Zvornik
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Muhamed Švrakić, Sohn des Gründers der paramilitärischen Formation „Zelene beretke“ (Grünen Baretts), Emin Švrakić
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Taib Torlaković, der – wie auch Ramiz Delalić – nach dem Krieg in einem mafiösen Bandenkrieg in Sarajevo getötet wurde
Ramiz Delalić wurde unmittelbar nach Ausbruch der bewaffneten Konflikte in Sarajevo zum Kommandanten der 9. Gebirgsbrigade der muslimischen sogenannten „Armee von Bosnien und Herzegowina“ ernannt. Vom Oberbefehlshaber Alija Izetbegović erhielt er als Auszeichnung eine Pistole mit persönlicher Widmung.
Delalić prahlte in muslimischen Medien zudem damit, im Auftrag von Alija Izetbegović getötet zu haben.
ANERKENNUNG DES VERBRECHENS
Das staatliche Fernsehen Radio-Televizija Sarajevo (unter Kontrolle der muslimischen Behörden) drehte nach Ausbruch des Krieges 1992 vor dem Gebäude des Rathauses eine Dokumentarsendung über Ramiz Delalić, in der er als nationaler Held dargestellt wurde, weil er „einen Tschetnik getötet“ habe.

Ramiz Delalic - Verbrecher mit Stammbaum
Tatsächlich war Nikola Gardović ein Zivilist, der keinerlei bewaffneten oder sicherheitsrelevanten Strukturen angehörte. Er war 55 Jahre alt und langjähriger Vorsänger in der alten serbisch-orthodoxen Kathedrale von Sarajevo – ein gläubiger Mensch und aktives Mitglied seiner Kirchengemeinde.
In dieser Dokumentarsendung gestand Ramiz Delalić öffentlich den Mord an Nikola Gardović und bezeichnete ihn ausdrücklich als einen „patriotischen Akt“ im Sinne des muslimischen Nationalbewusstseins.
FOLGEN
Als Reaktion auf dieses Attentat errichteten bewaffnete Serben noch am selben Abend Barrikaden in Sarajevo. Zwischen dem 1. und 5. März 1992 wurden ähnliche Barrikaden auch in anderen Städten wie Bosanski Šamac und Derventa aufgestellt – aus Furcht vor möglichen Angriffen muslimischer paramilitärischer Einheiten.
Die Muslime kontrollierten zu diesem Zeitpunkt das Stadtzentrum von Sarajevo, während die Serben den Rest der Stadt sowie die umliegenden Höhenlagen kontrollierten.
Auf öffentlichen Druck hin trafen sich Radovan Karadžić und Alija Izetbegović am 3. März 1992 im Hauptquartier der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) im Zentrum von Sarajevo. Das Treffen wurde durch den jugoslawischen General Milutin Kukanjac vermittelt. Nach einer angespannten Diskussion einigten sich beide Seiten darauf, die Ordnung in der Stadt durch gemeinsame Patrouillen der JNA und der Polizei aufrechtzuerhalten.
Dennoch kam es im Laufe des März 1992 zu mehreren bewaffneten Zwischenfällen, darunter der Einsatz von Schusswaffen und die Errichtung neuer Barrikaden. Bei diesen Auseinandersetzungen wurden Dutzende Menschen getötet oder verletzt. Ein wesentlicher Grund dafür war die illegale Bewaffnung muslimischer paramilitärischer Formationen.
FAHNDUNG UND GERICHTSVERFAHREN
Mehrere Gerichtsverfahren wurden gegen Ramiz Delalić und seine Komplizen wegen der Ermordung des Hochzeitsgastes Nikola Gardović geführt. Der erste Prozess gegen Delalić wurde 1992 von den muslimischen Behörden eingeleitet, jedoch sofort eingestellt, da Delalić noch im selben Jahr zum Kommandanten der 9. muslimischen Brigade der sogenannten Armee von Bosnien und Herzegowina ernannt wurde – was von den muslimischen Richtern als „mildernder Umstand“ gewertet wurde.
Das Verfahren wurde jedoch nie rechtskräftig abgeschlossen. Die Polizei der Föderation Bosnien und Herzegowina verhaftete Delalić mehrmals, ließ ihn jedoch immer wieder frei, bevor die Fahndung erneut aufgenommen wurde.
Nach dem Ende der Kampfhandlungen im Jahr 1996 wurde die strafrechtliche Untersuchung wieder aufgenommen. Während der Ermittlungen im Jahr 1999 floh Delalić in die Türkei, wo er sich zwei Jahre aufhielt. Einige Jahre später wurde er in Sarajevo erneut verhaftet, das Verfahren 2004 wiedereröffnet – allerdings wurde er sofort freigelassen und durfte sich auf freiem Fuß verteidigen.
Ramiz Delalić, genannt „Ćelo“, stammte aus Priboj und wurde am 27. Juni 2007 gegen 23:30 Uhr in Sarajevo ermordet. Die föderale Polizei erklärte, dass es sich bei dem Mord um eine Auseinandersetzung im kriminellen Milieu gehandelt habe. Mit seinem Tod wurde auch das Strafverfahren eingestellt.
Neben Delalić wurden auch Suad Šabanović und Taib Torlaković wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Torlaković kam jedoch ebenfalls bei einem kriminellen Zwischenfall in Sarajevo ums Leben und nahm am Prozess nicht teil.
Suad Šabanović befand sich während des Gerichtsverfahrens in Italien und wurde amnestiert, angeblich weil er für die Justiz unauffindbar war. Das Verbrechen wurde als „verjährt“ eingestuft – tatsächlich ging es jedoch darum, die Spuren zu den mutmaßlichen Auftraggebern zu verwischen.
SCHLUSSFOLGERUNG
Der Mord auf dem Baščaršija-Platz war ein Vorzeichen für die kommenden Gräueltaten – ein Auftakt zum Völkermord an den Serben, den die muslimischen Behörden unter der Führung der Spitzenpolitiker der Partei der Demokratischen Aktion (SDA) in den 1990er Jahren zu vollziehen versuchten.
Das Ziel der höchsten muslimischen Führung – Alija Izetbegović, Ejup Ganić und Haris Silajdžić – war es, nicht nur das Sarajevo-Tal und die umliegenden Berge, sondern ganz Bosnien und Herzegowina ethnisch und religiös zu säubern. Anfangs betrachteten sie die bosnisch-herzegowinischen Kroaten als Verbündete, doch bereits im Sommer 1993 kam es auch mit ihnen zum Krieg.
Die muslimische Führung brauchte Figuren wie Delalić, Ismet Bajramović, Jusuf Juka Prazina, Mušan Topalović Caco, Zulfikar Alić und andere aus dem kriminellen Milieu, weil sie wussten, dass genau diese Leute bereit waren, alle Befehle ohne Zögern auszuführen. Dieses System der Einschüchterung und des Terrors sollte letztlich zur Vertreibung der serbischen Bevölkerung aus diesen Gebieten führen.
Angesichts der Tatsache, dass die Serben in der westlichen Welt einseitig als alleinige Schuldige für den Zerfall Jugoslawiens und die darauf folgenden Kriege dargestellt wurden, ist es schwer vorstellbar, dass je einer der muslimischen Täter für ihre monströsen Verbrechen – einschließlich dieses Sarajevo-Mordes – zur Rechenschaft gezogen wird.
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